AsylNews 3/2020 – Asylwesen Schweiz

Per 1. Juli 2020 wechselte die Zuständigkeit für den Asylsozialhilfebereich von der Sicherheitsdirektion (SID) zur Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI). Nun sind auch die gesetzlichen Grundlagen über die angekündigten Änderungen in der Sozialhilfe publiziert und es kann eine erste Einordnung vorgenommen werden. Umsetzen müssen die regionalen Partner die Neuregelungen bis Ende Jahr.

Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen
Während der Unterbringung in einer Kollektivunterkunft erhalten Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer CHF 382/Monat zur Deckung des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt (GBL). Dies bedeutet im Vergleich zu den früheren Ansätzen eine leichte Erhöhung. Allerdings müssen mit diesem Geld auch mehr Kosten gedeckt werden, als dies vorher der Fall war. Während der frühere Grundbedarf explizit nur Lebensmittel, Kleidung und Hygieneartikel umfasste, sind in den neuen Ansätzen beispielsweise auch die Finanzierung des Nahverkehrs oder eines Halbtaxabonnements enthalten.

Wechseln vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer nach Erfüllen der Integrationskriterien in eine Individualunterkunft, so wird ihr Grundbedarf für den Lebensunterhalt von zuvor CHF 382/Monat auf CHF 696/Monat erhöht. Dieser erhöhte Grundbedarf orientiert sich an einem angepassten Modell des Warenkorbes der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Etwas mehr als die Hälfte des Betrags ist für Nahrungsmittel und Getränke vorgesehen, daneben sind Kosten für Kleidung, Energieverbrauch, Haushaltsführung, Gesundheit und Hygiene, Verkehrsauslagen sowie Telekommunikation enthalten. Anders als bei den regulären SKOS-Ansätzen werden jedoch Ausgaben für Freizeit, Bildung und Sport mit knapp drei Prozent kaum berücksichtigt.

Eine einschneidende Änderung betrifft vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer, die sich seit mehr als sieben Jahre in der Schweiz aufhalten (VA7+). Bis anhin wurden sie im Regelfall nach sieben Jahren an die Gemeinden übertragen und nach kantonaler Sozialhilfegesetzgebung mit CHF 977/Monat unterstützt. Neu bleiben die Sozialhilfeansätze für VA unabhängig von ihrer Aufenthaltsdauer auf dem obgenannten, tieferen Niveau. Für vorläufig Aufgenommene, die ab 1. Juli 2020 in den Zuständigkeitsbereich der Sozialdienste der Wohnsitzgemeinden wechseln, gelten unverzüglich die tieferen Ansätze zur Deckung des Grundbedarfs. Für VA7+, die sich bereits in der Zuständigkeit der Gemeinde befinden, gilt eine Übergangsfrist: Bis spätestens Mitte 2021 muss der Grundbedarf entsprechend reduziert werden.

Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge und anerkannte Flüchtlinge mit Asyl
Auch bei Personen mit Flüchtlingsstatus ist die Unterbringungsform das entscheidende Element bei der Festlegung der Sozialhilfeansätze. So erhalten Flüchtlinge in einer Kollektivunterkunft neu lediglich CHF 582 / Monat, im Gegensatz zum regulären Grundbedarf von CHF 977 / Monat in einer Individualunterkunft. Auch hier bedeutet es für Flüchtlinge in einer Kollektivunterkunft im Vergleich zu vorher eine Kürzung des Grundbedarfs. Der reduzierte Ansatz wird zwar auch auf Grundlage des SKOS-Warenkorbes berechnet, jedoch auf Basis einer Person im Zweipersonenhaushalt. Zusätzlich werden Abzüge für den Energieverbrauch, die Haushaltsführung, Bildung und Unterhaltung vorgenommen, da diese Positionen durch die Betreiber der Unterkünfte übernommen werden.

Bei Flüchtlingen in eigenen Wohnungen gibt es hingegen keine Veränderung. Für sie bleiben die bisherigen Ansätze gemäss Sozialhilfegesetzgebung und SKOS-Richtlinien bestehen. Allerdings gelten für junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren wie bei Schweizerinnen und Schweizern auch spezielle, reduzierte Ansätze. Zudem bleibt zu erwähnen, dass die Sozialhilfe in allen Konstellationen immer degressiv nach Haushaltsgrösse oder Unterstützungseinheit berechnet wird.

Die per 1. Juli 2020 in Kraft getretenen Neuregelungen ­müssen durch die regionalen Partner bis spätestens Ende Jahr umgesetzt werden.

KASTEN
Mehr Geld für Lehrlinge
Mit der Revision der Sozialhilfeverordnung wurden auch die finanziellen Anreize für Jugendliche in einer beruflichen Grundbildung angepasst. Während Flüchtlinge in einer Berufslehre bisher lediglich Anrecht auf eine Integrationszulage in Höhe von CHF 100 hatten, kann ihnen gemäss neuer Gesetzgebung ein Einkommensfreibetrag von CHF 300 pro Monat angerechnet werden. Der Einkommensfreibetrag gilt sowohl für anerkannte und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge als auch für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer.

Bei Lehrlingen und anderen erwerbstätigen Personen mit N- oder F-Ausweis (ohne Flüchtlingsstatus) kann es jedoch wegen der gleichzeitigen Anpassung des Systems der Erwerbsunkosten zu einer tieferen Abgeltung kommen als bisher. Neu werden bei allen Erwerbstätigen nur noch die effektiven Erwerbsunkosten übernommen, während zuvor in vielen Fällen höhere Pauschalen gewährt wurden.

Auch die Einkommensfreibeträge (EFB) werden für alle regulär erwerbstätigen Personen in Zukunft abhängig vom Beschäftigungsgrad festgelegt. Dabei gilt für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer ein maximaler EFB von CHF 400, für Flüchtlinge von maximal CHF 600. Eine Ausnahmeregelung besteht weiterhin für alleinerziehende Flüchtlinge.

KollektivunterkunftIndividualunterkunft
Asylsuchende, VA und VA7+ in Zuständigkeit der regionalen Partner
oder der Gemeinde
CHF 382CHF 696
Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge und anerkannte Flüchtlinge mit AsylCHF 582CHF 977
Junge erwachsene Flüchtlingenoch nicht definiert (Stand 10.08.2020)CHF 748